Musikbasierte Kommunikation

Wie geht Musikbasierte Kommunikation?

MonochordDas Konzept der "Musikbasierten Kommunikation" möchte Wege aufzeigen, die musikalische Erreichbarkeit von Menschen mit komplexer Behinderung nicht nur zum Musikhören, sondern vor allem zur Kommunikation zu nutzen. Dies kann mittels improvisierter Musik geschehen, die sich an den Bewegungen, Lauten oder der Atmung des Gegenübers orientiert. Diese körperlichen Äußerungen enthalten musikalische Elemente wie Töne, Tempo, Rhythmus oder Intensität und Lautstärke. So entstehen musikalisch-motorische Dialoge, mit denen über Befinden und Gefühle kommuniziert werden kann.

Der 17-jährige Michael sitzt in seinem Rollstuhl im Klassenzimmer und wippt wie fast immer und überall mit seinem Oberkörper vor und zurück. Seine Hände liegen dabei ruhig in seinem Schoß, er schaut verträumt in den Raum. Seine Lehrerin setzt sich mit einer Conga vor ihn hin und beobachtet ihn. Seine Bewegungen folgen immer demselben Muster - er beugt sich vor, verweilt einen Moment, dann wirft er sich an die Rückenlehne und lässt sich wieder nach vorne fallen.

DoppeltrommelSie schlägt nun in dem Moment, in welchem er den weitesten Punkt seines Vorbeugens erreicht hat, mit ihrer flachen Hand auf das Fell der Trommel, setzt den nächsten Schlag mit der anderen Hand, als sein Rücken die Lehne des Rollstuhls berührt, und spielt wieder einen Ton, als er sich nach vorne fallen lässt. Michael wirkt innerhalb von Sekunden total verändert - sein Blick ist plötzlich wach und er schaut sie an.

Dann wiederholt er diese Bewegungssequenz mehrfach, wird aber immer schneller. Sie begleitet die Bewegungen mit möglichst synchronen Schlägen, wird auch schneller. Plötzlich hält er, als er aufrecht sitzt, inne. Sie hält ihre Hand ebenfalls bewegungslos über dem Trommelfell und wartet. In diesem Moment zeigt Michael ein breites Grinsen, und er stößt einen hohen, freudigen Laut aus. Offensichtlich genießt er es, dass er die Kommunikation steuert.

Auch in nicht eigens dafür geschaffenen Situationen kann auf diese Weise kommuniziert werden:

Auf dem Weg vom Klassenzimmer in die Turnhalle wippt er nicht ganz so stark wie in der Situation mit der Conga vor- und zurück. Die Lehrerin unterlegt jedes Mal, wenn Michael sich vor- und zurückbewegt, den jeweiligen Ruhepunkt mit einem Laut. Berührt er kurz die Rückenlehne, sagt sie „Da“, beugt er sich vor „Damm“. „Da-Damm, Da-Damm, Da-Damm“ hört man sie in den Fluren des Wohnheimes sagen, und Michael lacht verschmitzt. Hin und wieder beugt er sich zurück und strahlt sie an.